FilmMaterialien 10 - Der komische Kintopp.

Der gesetzlich geschützte Bumke

Eine neue Film-Type

aus: Lichtbild-Bühne, Nr. 9, 1.3.1913


Die Popularität von Christoph Columbus, Bismarck, Pfarrer Kneipp, Störtebeker, Asta Nielsen, Zola, Prof. Dr. Ehrlich, Buffalo Bill und viele andere ließ unseren Bumke nicht mehr länger wie weiland Dornröschen schlafen; er ging zur "Continental-Kunstfilm", entschuldigte sein zu spätes Kommen, kaskadierte ins Atelier hinein und sagte dort mit pathetischer Geste: "Da bin ich!"

Bumke ist also da; das heißt: er wird kommen. In diesem scheinbaren Widerspruch liegt ein Stück Erfahrungssatz. Wenn Kinogrößen zu uns kommen, sind sie noch lange nicht da. Es gehört dazu nicht etwa nur eine gefährliche Menge von persönlicher Sympathie und technisches Können vor dem Kurbel-Objektiv, sondern auch Geduld und sehr geschicktes Management.

Vorläufig wird man noch monatelang sehr oft innerhalb unserer Branche auf die Frage "Wer ist Bumke?" die Antwort bekommen: "Weiß ich's? Bin ich ein Prophet?" - Er wird sich also erst langsam durchsetzen müssen, und dazu dienen vornehmlich Fleiß und Können, Originalität und Witz. Speziell wenn man Bumke heißt und die hochernste Absicht hat, deutschen Humor zu entwickeln, der bekanntlich bei uns schwerfälligen Nordländern ein sehr garstiges Ding ist. Schon der Name, der viel zu viel exzentrische Komik und zu wenig deutschen Humor vermuten läßt, deutet auf eine Figur hin, die kein bestimmtes Programm in sich schließt.

Hinter dem Pseudonym Bumke, der sich gesetzlich schützen ließ, verbirgt sich der bürgerliche Dammann, der den Sprung vom Brettl auf die Leinwandfläche gewagt hat. Er ist ein echtes Kind der Berliner Hasenheide, die einstmalig klassische Pflegstätte der Artistik, wo sich der Akrobaten-Nachwuchs und die verschiedensten Original-Blondins als Seilkünstler "fertig" machten. Erste Variétégrößen haben hier die Technik erlernt, um später im Pullmann-Wagen übern großen Teich durch die Gefilde zu jagen, wo sie als Könige des Variétés gefeiert wurden. Auch unser Bumke, der trotz seiner Kleinheit eine Größe an Tollkühnheit ist, verlebte seine Jugendjahre auf internationalem Variétéboden und gehörte im letzten Jahrzehnt dem rühmlichst bekannten Hans Hansen-Trio an, einem erstklassigen Balance-Trapez-Akt. Durch den frühzeitigen Tod des Truppenchefs wurde Dammann frei für die Menge und wandte sich der zweidimensionalen Kunst, dem Film zu. Seine Kunst von heute ist weniger lebensgefährlich, denn früher arbeitete er ohne Netz hoch oben am Variétéplafond oder dicht unter der Zirkuskuppel. Aber ungestümes Artistenblut fordert trotzdem weiter sein Recht. Seine Filmarbeit ist gespickt mit kleinen exzentrischen Kaskadeur-Tricks und Effekten, die den Fachmann verraten.

(...) Es steckt in dem originellen Bumke viel Aussicht, der kommende Mann im deutschen Film-Humor zu werden. Vorläufig mangelt es aber noch an dem richtigen Regisseur für die Hauptfigur, der er es versteht, dessen Schwächen zu verstecken und die vielen Vorzüge in den Vordergrund und in das rechte Licht zu rücken.

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