FilmMaterialien 5 - Phil Jutzi
Episoden bei den Aufnahmen
Von Piel Jutzi
aus: Mutter Krausens Fahrt ins Glück, Presseratschlag, 1929
Der weinende Schorch mit der eisernen Hand
Schorch war ein interessanter Mensch. Er hatte viele Jahre im Zuchthaus gesessen, weil er mit seiner künstlichen eisernen Hand jemand erschlagen hatte. Ich drehte die Szene: Wie der Sohn das Geld seiner Mutter versäuft, die Mutter in die Kneipe kommt und verzweifelt vor dem am Boden liegenden Sohn nach dem Verbleib des Geldes fragt. Mitten in der Szene steht Schorch auf, wendet sich ab und geht hinaus. Ich muß die Aufnahme unterbrechen und frage ihn: »Warum gehst Du weg?« Da sagt er mit Tränen in den Augen: »Ich kann es nicht sehen. Am liebsten möchte ich ihn erschlagen, den Lump.« Wir drehten weiter. In der Pause kommt Schorch zu mir: »Direktorchen, hör mal, wenn Dir mal einer weh tut, dann brauchste bloß herzukommen und sagst mir seine Adresse. Dann kannst Du selbst wieder gehen. Ich decke ihn dann zu.«
Das nasse Dreieck
Im Berliner Wedding gibt es einen kleinen Platz, der heißt »das nasse Dreieck«. Hier hat sich Zille sehr viele seiner Typen geholt. In der Kneipe »zum ollen Fritzen« gab es auch ein nasses Dreieck. Das kam so. In dieser einen Ecke der Kneipe, hinterm Ofen, saß unbeweglich ein engumschlungenes Paar von morgens 5 bis nachmittags um 4 Uhr und rührte sich nicht. Die Angetrunkenen grölten und sangen. Am Boden eine große Wasserlache. Der Kellner setzte sie hinaus. Kurz darauf fiel ein Darsteller bewußtlos vom Alkohol in dieselbe Ecke und schlief wie ein Toter. Zu unserem großen Kummer, denn wir konnten nicht mehr weiterarbeiten.
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