Tonfilmkrieg / Tonfilmfrieden. Materialien zum 15. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 20. - 24. November 2002.

Der Staatskonzern


Verstärkter deutscher Einfluß bei der 
Tobis. Veränderungen im Aufsichtsrat


Die schon seit längerer Zeit schwebenden Verhandlungen, welche dahin zielen, den deutschen Einfluß auf die Tobis Tonbild-Syndikat AG zu verstärken, haben nunmehr zum Erfolg geführt. Im Zusammenhang damit werden drei von den vier Vertretern der holländischen Internationalen Tobis-Maatschappij N.V. aus dem Aufsichtsrat der hiesigen Tobis ausscheiden.
Um die vertragsmäßigen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen der deutschen Tobis und der Intertobis Amsterdam auch für weitere Zukunft zu gewährleisten, wird der Generaldirektor der Amsterdamer Gesellschaft, Herr Dr. J. P. van Tienhoven, im Aufsichtsrat der deutschen Tobis-Gesellschaft verbleiben, während der Vorsitzende des Aufsichtsrates der deutschen Tobis, Herr Dr. F. Bausback, in den Aufsichtsrat der Intertobis eintreten wird. 
Bei der deutschen Tobis wird demnächst eine Ergänzung des Aufsichtsrats durch Zuwahl weiterer deutscher Mitglieder vorgenommen werden.

Film-Kurier, Nr. 52, 2.3.1935

 

Kameradschaftsfest bei der Tobis

"Für die Tobis-Produktion gilt im besonderen, was für die Wirtschaft im allgemeinen Geltung hat im neuen Deutschland: Kameradschaftsgeist in der Werkgemeinschaft schafft Freude in der Arbeit, und Arbeitsfreude schafft Arbeitsleistung. (...)"

Film-Kurier, Nr. 150, 1.7.1935

 

Die soziale Tätigkeit der Tobis
im Geschäftsjahr 1934/35


"Wie jeder Betrieb in unserer Heimat nur dem Volkganzen zu dienen hat, Betriebsführer und Gefolgschaft Beauftragte der gesamten Volksgemeinschaft sind, so ist auch die Tätigkeit jedes Schaffenden gerade im Film, der das Ergebnis der Gemeinschaftsarbeit aller in ihm wirkenden Kräfte ist, Dienst am deutschen Volk und am Aufbau des Reiches." Mit diesen Worten widmeten Aufsichtsrat und Vorstand der Tobis das Buch Adolf Hitlers "Mein Kampf" Angehörigen der Tobis-Gesellschaften als besondere Auszeichnung. Aus diesem Geiste wurden auch im abgelaufenen Betriebsjahr die sozialen Maßnahmen der Tobis-Gesellschaft durchgeführt.
Um besonders von den Familien der Gefolgschaftsmitglieder der Tobis-Betriebe her die Verbundenheit der Betriebsgefolgschaft untereinander und mit ihrem Betrieb zu fördern, wurde für die Kinder der Tobis-Angehörigen weitgehend gesorgt. 69 Kinder sind auf Kosten des Betriebes von Ende Juni bis Ende Juli dieses Jahres auf vier Wochen zur Erholung an die Ostsee geschickt worden. Um auch die Eltern und alle Betriebsangehörigen daran teilnehmen zu lassen, wurde u.a. von den Kindern ein kleiner Film aufgenommen, der bei zwei Kinderfesten in Johannisthal und im Grunewald-Atelier vorgeführt wurde. Durch Übernahme von Patenschaftsversicherungen, welche durch die "Deutsche Jugend-Versicherungs-Hilfe e.V." gefördert werden, stellte die Betriebsführung 30 Tobis-Kinder unter Versicherungsschutz. (...) Durch diese Patenschaftsversicherung soll geeigneten Kindern nach 10 bis 12 Jahren eine gute Berufsausbildung als Fachkräfte für die Filmindustrie gegeben werden.
Erholungsbedürftige Gefolgschaftsmitglieder wurden aus Mitteln des Wohlfahrtsfonds von der Betriebsführung zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit verschickt. Der Zuschuß zu den Kosten der Mittagsmahlzeit wurde erhöht. 
Eine Betriebsbäckerei, zu deren Aufbau auch eine große Anzahl von Gefolgschaftsmitgliedern durch Stiftung guter Bäcker beitrug, wurde eingerichtet. Für die Amtswalter der Deutschen Arbeitsfront der Tobisbetriebe wurden Uniformausrüstungen beschafft.
Gefolgschaftsmitglieder, die an Veranstaltungen der NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" teilnehmen wollten, erhielten auf Wunsch Vorschüsse auf Gehalt oder Lohn. Die gesamte Gefolgschaft der Tobisbetriebe beging auch in diesem Jahre, außer den Kinderfesten, ein allgemeines Kameradschaftsfest. Eine wesentliche soziale Maßnahme war die Vergrößerung der Stammbelegschaft durch Überführung eines weiteren Teiles der Atelierbelegschaft aus dem Stundenlohn- in das Wochenlohnverhältnis. Durch die von der Betriebsführung übernommene freiwillige Bezahlung von Feiertagen und Sonderurlaubstagen aus wichtigen Anlässen sowie durch Zahlung eines Krankengeldzuschusses ergab sich eine Erhöhung der sozialen Leistungen um 28570,- RM.
Für die Winterhilfe 1934/35 spendete die Firma 10000,- RM. Außerdem erwarben die Tobisbetriebe die Mitgliedschaft der NSV und beteiligten sich an der Saarspende. Die Gefolgschaft der Tobisbetriebe brachte für die Winterhilfe 1934/35 insgesamt 12021,69 RM auf. Im Zusammenwirken mit dem Vertrauensrat konnte die Betriebsführung in Fällen besonderer Not durch außerordentliche Zuwendungen aus dem Wohlfahrtsfonds Hilfe schaffen. 
Den Gefolgschaftsmitgliedern wurden - wie auch früher - Weihnachtsbeihilfen gewährt.
Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres wurden für kinderreiche Gefolgschaftsmitglieder laufende Kinderzulagen eingeführt.

Film-Kurier, Nr. 295, 18.12.1935

 

Der neue Tobis-Produktionschef
Hans Hellmut Zerlett berufen


Mit Zustimmung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda Dr. J. Goebbels wurde der Regisseur und Schriftsteller Hans Hellmut Zerlett zum Produktionschef der Tobis berufen. 
Hans Hellmut Zerlett entstammt einer Wiesbadener Musiker-Familie. Nach dem Kriege, an dem er bis zu einer schweren Erkrankung als Fahnenjunker teilnahm, war Zerlett als Schauspieler in der Provinz und in Berlin tätig. Als künstlerischer Leiter der Gastspieltournee des Kriegsstückes "Der Hias" wurde er in weiteren Kreisen bekannt. 
1927 tat Zerlett den entscheidenden Schritt zum Film, dem er seither treu geblieben ist. Sein erster Film war HÖHERE TÖCHTER. Als Chefdramaturg schrieb er dann die Drehbücher für die Filme ZWEI MENSCHEN, DIE HEILIGEN BRUNNEN, MORAL UM MITTERNACHT und viele andere, die ihn bekannt machten. 
Seit 1934 ist Zerlett gleichzeitig als Autor und Regisseur tätig. Seine Filme, die überall mit großem Erfolg gespielt wurden und zum Teil, wie ARZT AUS LEIDENSCHAFT und DIE SELIGE EXISTENZ, das Prädikat "künstlerisch wertvoll" erhielten, sind MORAL, DIENER LASSEN BITTEN, DA STIMMT WAS NICHT, LIEBE GEHT SELTSAME WEGE und der Varietéfilm TRUXA. Es fällt schwer, Zerletts gesamtes Schaffen kurz zu umreißen, so mag diese Zusammenstellung seiner Arbeiten genügen.
Als Anerkennung für seine Leistungen wurde Hans Hellmut Zerlett 1937 in den Ausschuß für künstlerische Fragen und den Aufsichtsrat der Tobis berufen. Seine jetzige Ernennung zum Produktionschef macht ihm den Weg zu weiteren Erfolgen frei.

Film-Kurier, Nr. 170, 24.7.1937

 

Reichsminister Goebbels 
vor der Reichsfilmkammer, 15.2.1941


"(...) Als ich vor einigen Jahren, zuerst getarnt, dann mehr und mehr öffentlich, heute auch von der weitesten Öffentlichkeit anerkannt, maßgebende Institutionen der deutschen Filmindustrie in den Besitz des Deutschen Reiches überführte, wurde dieser Weg von Kritikern als verhängnisvoll empfunden (...) Ich bin heute davon überzeugt, daß es der entscheidende Schritt in unserer Höhenentwicklung der deutschen Filmkunst ist, daß der Film heute nicht mehr irgendwelchen anonymen Kapitalgesellschaften, sondern dem Reich gehört und daß das Reich als ehrlicher Makler und Treuhänder die großen entscheidenden Fragen der deutschen Filmproduktion auch zu entscheiden und zu lösen in der Lage ist."
zitiert nach: 
Hans-Michael Bock, Michael Töteberg (Hg.): Das Ufa-Buch. Frankfurt: Zweitausendeins 1972 

 

Die Rede des Reichsministers

DNB. Reichsminister Dr. Goebbels gab in seiner Rede vor den Filmschaffenden einen umfassenden Überblick über die Aufgaben und Leistungen des deutschen Films im Kriege. 
Der Film als eines der wichtigsten Führungsmittel des Volkes habe sich den erhöhten Anforderungen, die der Krieg an ihn stellte, gewachsen gezeigt. Die Deutsche Wochenschau vemittelte der Millionenzahl der Filmbesucher ein echtes, ungeschminktes Bild der Waffentaten des deutschen Soldaten an allen Fronten. Noch nie zuvor seien aber auch Spielfilme von hohem künstlerischem Wert und weltanschaulichem Gehalt in so großer Anzahl entstanden, wie gerade jetzt im Kriege.
Der Krieg, einst Kampf um die Hausmacht streitender Fürsten, in späterer Zeit ein Streit um die Rechte der Nationalitäten, sei heute der totale Abwehrkampf einer Nation zur Verteidigung und Sicherung ihrer völkischen Interessen. Er erfasse alle Lebensgebiete eines Volkes und müsse von Heimat und Front mit ganzem Kräfteeinsatz durchgefochten werden. In der jetzigen Auseinandersetzung mit den Plutokratien sei die Propaganda, die der Nationalsozialismus im Kampf um die Macht zu einer scharfen Waffe entwickelt habe, ein wichtiges Werkzeug der Volksführung, dessen man sich in Deutschland mit höchster Meisterschaft zu bedienen wisse.
Die deutsche Volksführung habe dem Film als einem ihrer wichtigsten Wirkungsmittel, das die Massen besonders stark anspreche, im Kriege große Aufgaben gestellt. In der Erkenntnis, daß der Film mehr als bloße Unterhaltung sei, daß gerade im Kriege seine 
erzieherische Wirkung
nicht ungenutzt bleiben dürfe, sei Deutschland 1939 nicht so kurzsichtig gewesen, die Ateliers und Kinos zu schließen. Damals sei vielfach der Einwand laut geworden, die großen Geschehnisse des Krieges würden den Film einfach zudecken. Die Antwort des Ministers habe gelautet: dies könne niemals der Fall sein, wenn das deutsche Filmschaffen und seine künstlerische Gestaltungskraft den Forderungen, die eine große Zeit an sie stelle, gerecht werden.
Im Gegensatz zur englischen Filmproduktion, die vor den Aufgaben des Krieges kapituliert habe, seien die deutschen Filmschaffenden mit höchster Intensität an die Kriegsarbeit gegangen. Das künstlerische Ergebnis, 
eine lange Reihe hervorragender Spitzenfilme,
laufe ständig vor überfüllten Kinotheatern. Gegen alle Widerstände und Beharrungen sei der deutsche Film im Kriege aber auch wie nie zuvor an künstlerischen Werten bereichert worden. Und seine Arbeit habe dadurch ihre äußere Belohnung erfahren, daß die Statistiken für das Jahr 1940 eine Steigerung der Kinobesucher um 30 Prozent von siebenhundert Millionen auf eine Milliarde für das Jahr 1940 auswiesen.
Filme wie ROBERT KOCH, D III 88, MUTTERLIEBE, JUD SÜSS, BISMARCK, FRIEDRICH SCHILLER, BEFREITE HÄNDE, WUNSCHKONZERT, DER POSTMEISTER, GEIERWALLY und OPERETTE seien die größten Publikumserfolge geworden, die der deutsche Film seit Jahren zu verzeichnen habe. Sie hätten den Beweis dafür erbracht, daß unser Volk ein Werk von hohem künstlerischem und ethischem Gehalt dem seichten, schlecht gekonnten Unterhaltungsfilm vorziehe. Sie seien aber auch beispielhaft für die Gestaltung des kommenden Filmschaffens, das seine Stoffe aus dem Leben greifen und seine Handlungen an echten Konflikten entzünden müsse.
[unterstrichen = Tobis-Filme]

Film-Kurier, Nr. 40, 17.2.1941


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