Triviale Tropen
Materialien zum 9. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 1996
Zeitgenössische Pressestimmen
Indien in Johannisthal
Dreharbeiten zu JUNGE MAMA. In: Film-Kurier, Nr. 170, 4.8.1920.
Heller Sonnenschein flutet durch die weitgeöffneten Riesentore des Jofa-Ateliers, und mit einem flüchtigen Blick vorbei an einem indischen Prachtbau erschaut das Auge zunächst eine stattliche Reiterschar auf weißen Rossen, die sich, gezügelt von ihren indischen Reitern, auf dem Sandplatz zwischen dem Schienenstrang und der Atelierfront munter tummeln. Indische Tänzerinnen, weißgekleidete, mit einem Krummsäbel bewaffnete indische Polizisten und vielerlei Repräsentanten der Volksschichten dieses Landes, bunt durcheinander auf den breiten Treppen des Vorhofes sitzend, lungern einstweilen noch wartend herum, des Zeichens harrend, um auf das Kommando des rührigen Spielleiters Uwe Jens Krafft die Positionen einzunehmen. Die künstlerischen Beiräte John Hagenbeck und Johannes Umlauff aus Hamburg mustern die Scharen, hier einen der echten Indier in die Garderobe verweisend, damit er seine Konfektionsbeinkleider mit einem landesüblichen buntscheckigen Hosenpaar vertausche, dort Auftrag gebend, daß den einzelnen Tänzerinnen der rote Schiwa-Fleck auf die Stirne gepinselt werde. Nach wenigen Augenblicken sind alle störenden Unstimmigkeiten beseitigt.
Die Szenenproben beginnen. 25 schimmelberittene, in Weiß mit buntem Aufputz gekleidete Männer, teils mit, teils ohne Lanzen, sprengen durch die offene Wand vor den Palast, das flüchtende Volk vor sich hertreibend. Ein gern geschautes, buntes Bild, die Nachahmung eines Straßenvorganges, wie er in Indien zu den Alltäglichkeiten gehören mag. Unter den Mitwirkenden befinden sich zwei echte indische Tänzerinnen und zehn echte Indier, denen die braune Hautfarbe nicht erst angeschminkt zu werden braucht.
Zurück zum Inhalt, Nächster Artikel