Reihe CineGraph Buch
Wolfgang Jacobsen, Heike Klapdor: Merhameh. Karl Mays schöne Spionin. Ein Dialog über die Autorin Marie Luise Droop
In: Jörg Schöning (Hg.): Triviale Tropen. Exotische Reise- und Abenteuerfilme aus Deutschland 1919 - 1939
Recherche 7: Abschied oder Vergessen
A: "Eine Stunde später erteilte der Maharadscha seiner gesamten Dienerschaft den Befehl: ,Wenn eine Frau in europäischen Kleidern heute nacht die Frauengemächer verläßt, so ist jeder des Todes, der sich ihr in den Weg wirft. (...) Gul, du bist frei! (...) Wenige Schritte von dir entfernt steht dein Vetter. Er geleitet dich sicher in die Heimat und zu deinen Eltern zurück!' (...) Was (Gul) erlebt hatte, war wie ein Märchen aus ,Tausend-und-einer Nacht' (gewesen)." 99
B: Sie schreibt Drehbücher, eine Frau für alles. Salondramen, Melodramen, Literaturadaptionen, nationale Stoffe. Die besonders gern.
A: Drehbuch DIE EISERNE BRAUT, 1925. Auszug Bild 201:
"Langsam wendet sich Dietrich um. Sein Gesicht ist totenblaß, zerfurcht von Gram. Aber er ist stärker als Helmut. Er steht auf, geht auf Helmut zu und legt ihm sacht die Hand auf die Schulter. Sehr groß. Beide. Helmut blickt auf. Mühsam versucht er sich zusammenzureißen. Da sagt Dietrich leise, mild und ernst zu ihm:
B: Titel: Faß dich Helmut! Er ist herrlich gestorben! Gott gebe uns seinen Tod!
A: Da blickt Helmut ihn an. Der Strom seiner Tränen versiegt. Und in seine Augen tritt ein junges herrliches Leuchten." 100
B: Aber - merkwürdig: Sie schreibt auch Stories, die für die Rechte der Frauen plädieren: GESCHLECHT IN FESSELN etwa über die Situation der Frauen in Spanien oder DER SITTENRICHTER über die Folgen des § 218. Sie gehört der NS-Frauenschaft seit ihrer Gründung an. Zwischen 1933 und 1945 hat sie kaum mehr für den Film arbeiten können; einige ältere Stoffe werden noch realisiert, darunter Herbert Selpins DIE REITER VON DEUTSCH-OSTAFRIKA. Zeitweise arbeitet sie im Führungsstab der Wehrmacht, im Amt Canaris, und beklagt sich bitter bei der Reichsschrifttumskammer über die schlechte Qualität deutscher Schreibmaschinen.
A: "Die deutsche Maschine, die ich ein Jahr vor dem Kriege kaufte, ist mit so schlechtem Material gebaut, daß sie in ständiger Reparatur und meist überhaupt nicht brauchbar ist. Neuerdings lehnen mir die wenigen Geschäfte, die in Frage kommen, die Annahme der Maschine grundsätzlich ab. Mein Schreibmaschinenpapier geht zur Neige. In welchen Papierladen ich auch komme, auch dort, wo ich alte Kundin bin, tönt es mir entgegen:
B: ,Schreibmaschinenpapier nicht auf Lager.'" 101
A: Nach dem Krieg kehrt sie ganz zurück in das geistige 19. Jahrhundert.
B: Gul hat den Palast nicht verlassen. Sie bleibt im Reich des Maharadschas und ist seine Königin.
A: Marie Luise Droop stirbt am 22. August 1959 in Gengenbach.
B: "Nun ist sie tot! (...) Nscho tschi starb mit deinem Namen auf den Lippen, lieber Bruder! (...) Sie hat dich geliebt ." 102
A: "Ich kümmre mich nie um's Ganze! Wenn ich wein', dann wein' ich und damit ist's gut: es war eine göttliche Stelle." 103
[Zur den Anmerkungen]