FilmMaterialien 10 - Der komische Kintopp.

Ein neues Decroix-Genre

Anzeige der Monopolfilm-Vertriebs-Ges. mbH

in: Lichtbild-Bühne, Nr. 21, 24.5.1913


Jeder Theaterbesitzer weiß, welches Kopfzerbrechen die Zusammensetzung eines wirklich guten Programms verursacht. Die jeweils auf dem Markte erscheinenden Dramen und Komödien entsprechen nicht mehr dem Geschmack des Theater besuchenden Publikums. Der kluge Geschäftsmann, der aufmerksam die Geschmacksrichtung seiner Besucher studiert, weiß sehr bald, welche Sujets beim Publikum beliebt sind. Wie oft hört man nun aber unter den Besuchern des Theaters die Worte, daß in dieser Woche das Programm nicht gut sei. Niemand ahnt, welche ungeheuren Schwierigkeiten mit der Programm-Auswahl verbunden sind. Es ist nicht leicht, auf ein gutes Drama eine ausgezeichnete Komödie folgen zu lassen. Da bekanntlich nicht ein einziges Stück den Erfolg des Abends ausmacht, sondern das Programm in seiner kompletten Zusammensetzung die Zugkraft auf das Publikum ausübt, so wird man es verstehen, daß jeder Theaterbesitzer mit peinlichster Gewissenhaftigkeit bemüht ist, das Publikum zufrieden zu stellen. Dazu kommt noch, daß die Länge des Programms in den einzelnen Theatern nicht den Tatsachen entspricht. Einmal versucht man die Qualität der Sujets durch die ungeheure Meterzahl zu ersetzen, ein andermal ist der Theaterbesitzer selbst der betrogene Betrüger, denn er erhält ein Programm mit fingierten Meterlängen und ist erstaunt, in welcher kurzen Zeit das Programm heruntergespielt ist. In beiden Fällen eilt das Publikum unbefriedigt von dannen und von Stammgästen kann in einem solchen Theater keine Rede sein. Herr Charles Decroix, der bekannte Meister der Regie einer Reihe kinematographischer Werke, die seinen ureigensten geistigen Stempel tragen, hat mit feinem Verständnis die Schwächen der verschiedensten Kinogenres überwunden. Der Regisseur, der in letzter Zeit nur als Schöpfer längerer Dramen hervortrat, jener spannenden Sujets, über die Schmeicheleien zu sagen völlig überflüssig erscheint, hat sich nunmehr entschlossen, neben den sogenannten grossen Schlagern, eine Serie feiner Komödien, sprudelnd von Geist und Humor, herauszugeben. Wie zumeist bei seinen Sujets, ist Herr Ch. Decroix auch diesmal wieder Autor und Regisseur in einer Person. Seine früheren Schöpfungen auf dem Gebiete des goldenen Humors - seinerzeit stets mit kolossalem Lacherfolg aufgeführt - sind wohl noch in frischer Erinnerung aller Fachleute. Er schuf zum Beispiel: HÜHNERAUGEN-OPERATEUR AUS LIEBE (Pathé Frères) gespielt von Max Linder, in Szene gesetzt von Ch. Decroix / DIE KLAVIER-MEISTERIN (Pathé Frères) / DER KLAVIERSTIMMER (Lux) / DIE TIP-MAMSELL (Deutsche Mutoscope GmbH) / DIE FEINDLICHEN NACHBARN (Gaumont) / DIE HOCHZEITSREISE (Gaumont) / INCOGNITO (Gaumont) / DER NEUE UNTER-PRÄFECT (Monopol-Film). Diese Sujets, die seinerzeit dem Fabrikanten wie auch den Theaterbesitzern große Erfolge eintrugen, wird Herr Ch. Decroix durch eine weitere Serie ergänzen, um seiner bisherigen treuen Kundschaft diejenigen Genre-Stückchen fröhlicher Unterhaltungskunst zu bieten, deren sie bei Zusammensetzung eines vorzüglichen Programms bedarf. Zwecks leichterer Durchführung seines Planes hat sich Herr Ch. Decroix mit einem jüngeren französischen Schauspieler in Verbindung gesetzt. Herr Pyp verdiente seine Lorbeeren in der Filmkunst bereits bei verschiedenen renommierten Firmen - wie zum Beispiel Gaumont - und ist mit einem unwiderstehlichen Humor ausgestattet. Hiermit paaren sich überraschende Phantasie, bestechliche Eleganz und feines Verständnis für satyrische Komik. Der Name Pyp wird sicher bald in aller Munde sein. Herr Pyp wird es verstehen, sich die Herzen aller Freunde des köstlichen Humors zu erobern und ihn einmal gesehen zu haben bedeutet - ihn niemals wieder zu vergessen!! Neben den bekannten dramatischen Sujets wird Herr Ch. Decroix zu seinen bisherigen Erfolgen als Autor und Regisseur die neue Serie humoristischer Komödien hinzufügen, deren erste betitelt ist: HERR PYP UND SEIN FLIRT.

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