Transatlantische Verleih- und Produktionsstrategien eines Hollywood-Studios in den 20er und 30er Jahren.
Materialien zum 13. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg,
16. - 18. November 2000.
Hollywood - Europa
Laemmles Universal
- die Brücke nach EuropaIch bedaure es, daß ich nicht mehr für Carl Laemmle sr., Carl Laemmle jr., Universal und Paul Kohner tun kann, als daß ich es hier sage: Wir, die europäische Kolonie und einige andere, die außerdem noch eingeladen waren, haben ihnen wieder einen großen filmischen Genuß zu verdanken.
Der Film, den wir sehen konnten, war DAVID GOLDER, eine Arbeit, die zeigt, wie sehr Europa filmisch am Leben ist. Kohner hat ihn auf seiner europäischen Reise erspäht und mit einem anderen Film, BERGE IN FLAMMEN, herübergebracht. Universal, die es ihm ermöglichte, ist die Firma, die hier das europäische Licht nicht unter einen Scheffel stellt.
Universal bleibt die Brücke nach Europa. Die Brücke mit dem Verkehr nach beiden Richtungen, die wir brauchen. Marcel Vandal - "ich bin sowohl ein französischer als auch ein deutscher Produzent", sagte er mir mit Stolz - kam kurz nach der Vorführung seines DAVID GOLDER-Filmes hier an.
Einige Tage der Verhandlungen, und er hatte den anderen Film seiner Produktion, BERGE IN FLAMMEN, an die Universal verkauft.
Beide Parteien waren sich darüber im klaren, daß den besonderen Anforderungen des amerikanischen Marktes Rechnung getragen werden muß, und daß es notwendig ist, eine Anzahl Nachaufnahmen mit hier schon populären Stars zu machen, die in den Großaufnahmen an die Stelle einiger europäischer Darsteller treten.
Es soll nicht vergessen werden, in dieser gleichen Woche hatte Carl Laemmle den eben ernannten deutschen Konsul Dr. Gustav Struve und das deutsche Komitee für die Olympischen Spiele draußen in Universal City. Sigmund Moos versah in diesem Falle den Posten eines Staatsministers der Firma.
Laemmle hatte schon vorher einen ansehnlichen Betrag nach Deutschland gesandt, um den deutschen olympischen Spielern die Herreise zu erleichtern, und hatte dafür den Dank der deutschen Behörden erhalten. Er hatte sich außerdem bereit erklärt, einen Kurzfilm zur Werbung für weitere Beihilfe seitens der Amerikaner deutscher Abstammung herzustellen.
Die Aufnahmen wurden anläßlich dieses Besuches des Konsuls und Komitees gemacht. Es wurden goldene und silberne Nägel in ein Schild geklopft, damit eine Sammlung beginnend, die sich über das ganze Land erstrecken soll.
Der freundliche Präsident der Universal ersetzte an Entschlossenheit, Ausdauer und gutem Humor, was ihm an Erfahrung im Nägel-einklopfen fehlte.
Mit diesen gleichen Eigenschaften steuert er seine Firma durch die immer neuen, niemanden bekannten Fahrrinnen des Filmgeschäftes. (...)Chaparral,
Film-Kurier, Nr. 14, 16.1.1932
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