3 x Nebenzahl. Materialien zum 14. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 15. - 18. November 2001.

Amerika 


Lutz Bacher, Pittsburgh:
Seymour Nebenzal's Financing of SUMMER STORM: A European Influence on the Advent of the American Package Unit System

In the development, beginning in the early forties, of what Janet Staiger describes as the first stage of the package unit system mode of production, that is, before the decline of the studio system turned the film industrial structure gradually toward independent production, independent producers' practices of securing financing for their projects were also evolving. Using primarily trade paper accounts and the financial documents of SUMMER STORM (Douglas Sirk, 1944) from the United Artists Collection at the University of Wisconsin, I attempt to determine whether Seymour Nebenzal's methods, particularly the practice later known as "angeling," functioned as a model in that evolution.

 

 

Brigitte Berg, Paris:
Seymour Nebenzahl in Paris 1933-1939

New York born Seymour Nebenzahl arrived with his family in Paris after leaving Germany in 1933 and immediately resumed production within the newly formed French company, Nero Films. Later he registered two additional production companies. In an atmosphere of economic crisis and xenophobia, he put his money where his mouth was, working with some of the finest directors and choosing subjects and actors much cherished by the public. He moreover sparked the career of 16-year old Annie Vernay, leading lady in TARAKANOWA. He altogether produced nine feature length films during his six years in France, to which one should add the two double language versions of TARAKANOWA (Italian) and LA VIE PARISIENNE (English). The essay focuses on the preliminary angles of research in the exploration of Nebenzahl's social and professional range. It will also take a look at the reception given to the films by critics and public alike.

 

 

Matias Bleckman, Karlsruhe:
Harry Piel und die Nebenzahls

Mittelpunkt des Referats ist Harry Piels Wirken und Bedeutung als Produzent des Populären in der Weimarer Republik und seine Zusammenarbeit mit Heinrich und Seymour Nebenzahl 1919-1927 bei den Firmen Metro, Apex, Hape, Nero und anderen. Besondere Berücksichtigung findet dabei der Film RIVALEN (1922). Als Grundlage dient mein 1993 in Düsseldorf erschienenes Buch: "Harry Piel - Ein Kino-Mythos und seine Zeit".

 

 

Francesco Bono, Rom:
Italiener bei der Nero-Film, ein 
unbeachteter Beitrag zum Weimarer Kino

Zwischen 1926 und 1928 produzierte die Nero-Film sechs Filme, die von italienischen Regisseuren geschrieben bzw. gedreht wurden und in denen italienische DarstellerInnen meist die Hauptrolle(n) spielten. Die Regisseure waren Amleto Palermi, Mario Bonnard und Augusto Genina, der in den besagten Jahren mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Carmen Boni, vier Filme für Heinrich Nebenzahl realisierte.
Ich möchte den filmwirtschaftlichen Kontext beleuchten, in dem die Zusammenarbeit Heinrich Nebenzahls mit den italienischen Regisseuren entstand, und einige Informationen zu ihren Filmen bieten, die zum Teil als verschollen gelten. Diese Regisseure waren Teil der italienischen Filmkolonie, die in jener Zeit in Berlin arbeitete und zu der neben Regisseuren und Darstellern auch Techniker und Produzenten gehörten. Die Filme, die sie in Deutschland herstellten, stellen einen in großem Maß noch unbeachteten Teil des Weimarer Kinos dar.

 

 

Thomas Brandlmeier, München:
Nero - Noir
Fünf amerikanische Filme

Anhand von fünf Filmen wird untersucht, ob es so etwas wie eine Produktlinie der amerikanischen Produktionen von Seymour Nebenzal gibt. Die Filme SUMMER STORM, HITLER'S MADMAN, WHISTLE STOP, M und THE CHASE weisen jenseits der übergreifenden filmhistorischen Periodisierung in einer Reihe von Merkmalen erstaunliche Parallelen auf, die mit Einschränkungen dem gemeinsamen Kontext von Emigration, europäischem Blick, billiger und schneller Produktion, ungewöhnlicher Besetzung und noir-Tendenzen gehorchen.

 

 

Jan Distelmeyer, Hamburg:
Opposites attrack - Eine Annäherung 
an die Filme Harold Nebenzals

Harold Nebenzals Filmografie zeichnet sich aus durch Heterogenität: Verschiedene Genres - von der Komödie über den Thriller bis zum Kriegsfilm - ebenso wie unterschiedliche Produktionsländer und eine mehrere Dekaden umspannende Tätigkeit. Der zeitliche Rahmen führt vom "klassischen Hollywood" der frühen 50er Jahre bis in die späten 80er. Nebenzal war dabei nie auf eine Funktion im Produktionsprozess festgelegt - Marine Corps Adviser bei John Hustons HEAVEN KNOWS, MR ALLISON (1957), Verfasser literarischer Vorlagen und Drehbücher sowie vielfältige Funktionen im Bereich der Produktion: Associate Producer bei CABARET (1972), Production Coordinator für Billy Wilders FEDORA (1978), in Brasilien Produzent von GABRIELA (1982).
Gleichwohl sind in Harold Nebenzals Filmografie auch Gemeinsamkeiten zu entdecken, die zu einer beliebten Grundkonstellation des populären Kinos führen: Begegnungen und Konflikte, die auf festgeschriebenen, ideologisch verankerten Gegensätzen aufbauen. Der Krieg als Kulminationspunkt liefert den Hintergrund für einige Filme, die ihr Konfliktpotenzial auch aus den Binäroppositionen der Fragen von race und gender gewinnen. THE WILBY CONSPIRACY (1975), der Kriminal-, Spionage- und Abenteuerelemente mit einer Kritik am Apartheid-Regime Südafrikas kombiniert, ist nicht nur ein Spiegel der verschiedenen Talente, die Harold Nebenzal auf sich vereinigt, sondern auch ein Beispiel, mit dem sich prinzipielle Fragen nach den Möglichkeiten von Kritik im populären Kino verbinden lassen.

 

 

Bernard Eisenschitz, Paris:
HITLER'S MADMAN - Nebenzal und Sirk

Unter welchen Umständen wird ein Film produziert? Von den jüngsten Kriegsereignissen angeregt, ergreift eine Gruppe Emigranten in Hollywood die Initiative zu einer winzigen, unabhängigen Produktion, die Douglas Sirks erster amerikanischer Film wird. In einer zweiten Etappe wird der von M-G-M gekaufter, in HITLER'S MADMAN umgetaufte, aufgepropfte und teilweise neugedrehte Streifen zum normalen Studio Program Picture. Trotz - oder vielleicht wegen - dieser chaotischen Produktionsgeschichte kann man auch HITLER'S MADMAN als einen den Richtlinien von Sirks Stil treuen Autorenfilm beurteilen. 

 

 

Jeanpaul Goergen, Berlin:
Warum die Nero?

Auf Spurensuche in der Filmfachpresse: Warum entwickelte sich die 1926 gegründete Nero-Film GmbH, im Juni 1927 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, innerhalb kürzester Zeit zu einer der sieben wichtigsten deutschen Filmfirmen mit einem einzigartigen künstlerischen Profil?
Welche Rolle spielte dabei die im Juli 1928 gegründete und von der Nero-Film mitgetragene Vereinigte Star-Film GmbH? Mit eindeutigen Antworten ist nicht zu rechnen, wohl aber mit Hinweisen und Indizien, auf denen eine Wirtschaftsgeschichte des deutschen Films aufbauen kann.

 

 

Evelyn Hampicke, Berlin:
Zur Aktenlage. 
Der Fall DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE

Die Premiere von Fritz Langs DAS TESTAMENT DES DR. MABUSE in Berlin war bereits angekündigt, Plakate und Illustrierte Film-Kuriere waren gedruckt. Dennoch wurde dieser Nero-Film am 29.3.1933 von der Film-Prüfstelle verboten. Heinrich und Leon Nebenzahl schafften per Bahn einige Kopien ins Ausland, während Seymour mit dem Negativ des Films im Ersatzreifen seines Wagens nach Amsterdam floh. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen sie ein Ermittlungsverfahren ein, das Büro wurde durchsucht.
Die Deutsche Universal, die alle deutschen Verleihrechte erworben hatte, versuchte durch Intervention beim neugegründeten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda eine Freigabe des Spitzentitels ihres Jahres-Programms zu erreichen, u.a. wurde eine nachzudrehende Rahmenhandlung vorgeschlagen.
Die Unterlagen dieser Vorgänge sind die einzigen Akten, die über die Weimarer Klassiker der Nero-Film erhalten sind. Sie befinden sich im Bundesarchiv.

 

 

Michael Töteberg, Hamburg:
Die Geschäfte des Herrn N.

Unabhängig und kreativ, auch in Fragen der Finanzierung: Seymour Nebenzahl machte aus der Filmfabrikation, die sein Vater wie andere Unternehmer jener Zeit vornehmlich mit Serien- und Publikums-Filmen als Starvehikel aufzog, eine renommierte Produktionsgesellschaft und konnte sich als unabhängiger Produzent gegenüber der mächtigen Ufa profilieren. 
Während der Konzern Pabst und Lang nicht an sich binden konnte, realisierte die Nero-Film die wichtigsten Filme der beiden Regisseure in ihrer produktivsten Schaffensperiode. Im Vergleich mit Erich Pommer, der innerhalb der Ufa-Struktur arbeitete, zeigt sich, wie Nebenzahl seine Vision eines Films dank Engagement, unternehmerischer Initiative und Standing in der Branche realisierte. Die Rolle des Produzenten in der Filmindustrie wurde exemplarisch im Prozess um den Film DIE 3-GROSCHEN-OPER definiert. 
Am Ende der Weimarer Republik war die Nero-Film der einzige deutsche Independent, dessen High Quality-Produktionen mit großen Budgets und internationaler Auswertung den Major Players Paroli bieten konnte.


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