Die Koffer des Herrn O.F. 
(DE 1931, Alexis Granowsky)

  

Tonfilmfrieden /
Tonfilmkrieg

Die Geschichte der Tobis
vom Technik-Syndikat zum Staatskonzern

15. Internationaler Filmhistorischer Kongress, 2002

Eine Veranstaltung von CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung 
und Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
in Zusammenarbeit mit
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden,
Institut für Neuere deutsche Literatur und Medienkultur der Universität Hamburg
und Kinemathek Hamburg e.V.

Sichtung: 9. - 12. 5. 2002 in Berlin
(Filmkunsthaus Babylon)
Kongress und Retrospektive: 20. - 24. 11. 2002 in Hamburg
(Gästehaus der Universität und Kommunales Kino Metropolis)



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Die Geschichte der Tobis (Tonbild-Syndikat AG), neben der Ufa einer der größten und mächtigsten Filmkonzerne der deutschen Filmwirtschaft, ist so gut wie unerforscht. Gerade deshalb aber bietet die Auseinandersetzung mit der Tobis die Möglichkeit, einen spannenden Bogen zu schlagen: Von der Technikgeschichte der europäischen Tonfilm-Systeme Ende der 20er Jahre über die Entwicklung eines europaweit agierenden, international finanzierten Filmkonzerns um 1930 bis hin zum Ausbau des Unternehmens zu einem Großkonzern unter den Bedingungen des "Dritten Reichs". 
Gegründet wurde die Tobis 1928, um die bedeutendsten europäischen Patenthalter und Vertreter der Elektroindustrie zu einer Kooperation zu bewegen. Damit sollte der US-Konkurrenz mit ihren Tonfilmen und Patenten entgegengetreten werden - es galt die Absatzmärkte für den neuen Film zu sichern.
1929 schloss die Tobis mit der als Konkurrenz gegründeten Klangfilm (Siemens, AEG) einen Kartellvertrag, mit dem die beiden Firmen den Markt unter sich aufteilten. Im "Pariser Tonfilmfrieden" von 1930 einigten sich die Tobis-Klangfilm-Gruppe und Vertreter der US-Tonfilmindustrie auf eine Abgrenzung der Interessengebiete. Dabei wurden der deutschen Gruppe die Absatzmärkte Deutschland, Österreich, Schweiz, die Niederlande sowie Skandinavien und die Balkanstaaten zugesprochen. 
Binnen weniger Jahre entwickelte sich die Tobis AG vom Syndikat mit einer Vormachtstellung bei Herstellung und Verleih von Tonapparaturen zu einem europaweit aktiven Konzern, der nun auch in unabhängigen Studios Filme plante, produzierte und verlieh. So entstanden unter dem Zeichen der Tobis eine Vielzahl internationaler Produktionen. Experimentierfreudige Regisseure wie Walther Ruttmann, Hans Richter, Alexis Granowsky und G. W. Pabst erprobten ebenso die Geräte von Tobis-Klangfilm wie René Clair, der für die französische Société des Films Sonores Tobis u.a. die Klassiker SOUS LES TOITS DE PARIS, LE MILLION und À NOUS LA LIBERTÉ inszenierte. 
1937 wurde in Deutschland die Tonbild Syndikat AG in die Tobis Filmkunst GmbH überführt, und somit Teil einer komplexen halbstaatlichen Filmindustrie. Nach dieser Verstaatlichung hatten die einzelnen Firmen sowohl nach privatwirtschaftlichen Rentabilitätskriterien zu funktionieren, als auch im Rahmen einer nur schwer kalkulierbaren ideologischen Zensur. 
Ausgehend von der untrennbar mit den Syndikat verbundenen Technikgeschichte des europäischen Tonfilms widmet sich der Kongress den Filmproduktionen der Tobis. Hier sind frühe Tonexperimente ebenso zu untersuchen wie klassisch inszenierte Spielfilme, erste Versuche späterer Regiestars und dokumentarische Arbeiten - vom Kulturfilm bis zur Kriegswochenschau.
Besonderes Augenmerk richtet der Kongress auf die Propaganda-Produktionen und die nur scheinbar "unpolitischen" Unterhaltungsfilme der Tobis. Dazu gehören sowohl Filme wie Hans Steinhoffs OHM KRÜGER als auch die Familienkomödie ALTES HERZ WIRD WIEDER JUNG mit Emil Jannings. Die künstlerisch ambitionierten Großfilme um 1940 - mit denen sich der Konzern einen Spitzenplatz in der NS-Filmindustrie sicherte - gilt es gleichfalls zu beachten, vor allem die aufwändigen Bio-Pics ROBERT KOCH - DER BEKÄMPFER DES TODES, BISMARCK und FRIEDRICH SCHILLER - DER TRIUMPH EINES GENIES. Im Kontrast dazu steht die andere Seite der Tobis dieser Zeit: Militärische Lehrfilme, sich dokumentarisch gebende Kriegspropaganda - wie FEUERTAUFE, die filmische Verherrlichung des Überfalls auf Polen - und heroisierende "Fliegerfilme" wie D III 88 und KAMPFGESCHWADER LÜTZOW.
Zu jeder Zeit waren die versammelten Talente vor und hinter der Kamera ein besonderes Merkmal der Produktionen. Hans Albers, Olga Tschechowa, Theo Lingen, Elisabeth Flickenschildt, Viktor de Kowa, Curd Jürgens und Emil Jannings waren Stars in Tobis-Filmen. Neben etablierten Namen setzte die Tobis aber auch auf die gezielte Ausbildung und Förderung junger Talente. Spätere Regie-Persönlichkeiten wie Peter Pewas, Wolfgang Staudte und Helmut Käutner erhielten hier Gelegenheit, mit Studiofilmen erste Gehversuche zu unternehmen. Ihre Nachwuchsarbeiten - darunter einige nie öffentlich gezeigte Filmdokumente - gehören zu den Entdeckungen, die dieser Kongress bereit hält.


Konzeption: Jan Distelmeyer 
Beratung: Hans-Michael Bock, Karel Dibbets, David Kleingers, Harro Segeberg

CineGraph e.V., Gänsemarkt 43, 20354 Hamburg, 
Tel.: +49 - (0)40 - 35 21 94, Fax: +49 - (0)40 - 34 58 64, eMail: kongress@cinegraph.de
Koordination: Erika Wottrich
Informationen und Aktualisierungen des Programms im Internet unter www.cinegraph.de

 

Folgende Panels sind vorgesehen (Arbeitstitel):

"Entstehungsgeschichte"
"Zum Tonbild"
"Europäische Vernetzung"
"Deutsche Tobis"
"Verstaatlichung"
"Väter, Herrscher, Untertanen"
"Fortsetzungen und Neuanfänge"


Vorgesehene Referenten:

Francesco Bono, Rom
Thomas Brandlmeier, München
Geoff Brown, London
Karel Dibbets, Amsterdam
Jeanpaul Goergen, Berlin
Malte Hagener, Berlin
Evelyn Hampicke, Berlin
Renata Helker, Berlin
Knut Hickethier, Hamburg
Jan Kindler, Berlin
Donata Koch-Haag, Berlin
Gerald Koll, Kiel
Wolfgang Mühl-Benninghaus, Berlin
Tobias Nagl, Berlin
Alexandra Obradovic, Hamburg
Daniel Otto, München
Leonardo Quaresima, Bologna
Harro Segeberg, Hamburg
Michael Wedel, Berlin




Eine Veranstaltung von CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V. 
und Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin

in Zusammenarbeit mit
Institut für Neuere deutsche Literatur und Medienkultur der Universität Hamburg
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden
und Kinemathek Hamburg e.V.

Mit freundlicher Unterstützung von
FilmFörderung Hamburg GmbH
Filmmuseum Berlin - Deutsche Kinemathek
Deutsches Filminstitut - DIF, Frankfurt
Stiftung Weltweite Wissenschaft Hamburg
Hansische Universitätsstiftung Hamburg
Filmkunsthaus Babylon, Berlin

 

Informationen 

Informationen bei Erika Wottrich (CineGraph).
CineGraph e.V., Gänsemarkt 43, 20354 Hamburg, tel. +40 - 35 21 94, fax +40 - 34 58 64, Email: kongress@cinegraph.de.



03-Mrz-2003