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Berliner Film-Ateliers. Ein kleines Lexikon
BIOSKOP-ATELIER
Chausseestraße 123
Gegründet: 1907
Glasatelier 132 qm: 11 x 12 m
Die Deutsche Bioscope-GmbH, gegründet 1897, ist eine der ältesten deutschen Filmfirmen. Sie erlebte bis zu ihrem Aufgehen in der Ufa (1921/22) eine bewegte Firmengeschichte. Die Bioskop firmiert bis Ende 1904 in der Friedrichstraße 131 d, anschließend im Hause Friedrichstraße 226, auf dessen Dach sie ein Atelier betreibt. 1907 übernimmt die Firma in der Chausseestraße 123 (vorher Nr. 116) ein Atelier unter dem Dach. Das Haus in der Chausseestraße ist 1896 gebaut worden. Von 1898 bis 1903 hat ein »Photograph für Illustrationen« G. Busse in diesem Haus sein Atelier, das anschließend einige Jahre leersteht. Dieses Atelier im Hinterhaus, ganze 6 x 9 m groß mit einem Glasdach, wird auf eine Drehfläche von 132 qm erweitert. Ab 1909 arbeitet hier Guido Seeber als Operateur und technischer Leiter der Bioskop.
»Als Lichtquelle benutzte man, so gut es ging, das Tageslicht allein, fügte dann einige Westminster-Lampen dazu und endete schließlich mit einer Quecksilberdampflampen-Anlage von 60 teils 1,20 m, teils 1,40 m langen Lichtröhren. Diese Lichtanlage genügte, um ohne jedes Tageslicht Filmaufnahmen vornehmen zu können; und in diesem Atelier entstanden 1911 nebst einer Reihe kleinerer die ersten acht großen Asta-Nielsen-Filme. In der Zeit von 1904 bis 1911 herrschte eine Art Hochkonjunktur in Tonfilmen, von denen ich allein weit über 100 in diesen Räumen aufgenommen habe. Außerdem wurde der stumme Film gepflegt, den man damals allerdings nur in Längen von etwa 300 m anfertigte.« (Guido Seeber: Als Babelsberg entstand. Filmtechnik-Filmkunst, Nr. 3, 1930).
Ateliergelände der Deutschen Bioscop, 1913 Im Herbst 1911, die Räumlichkeiten werden für die expandierende Produktion zu klein, sucht Seeber in den Außenbezirken nach einer neuen Fabrikationsstätte. Im Winter 1911/12 wird auf einem Grundstück in der Nähe der S-Bahn-Station Neubabelsberg das neue Glashaus der Bioskop errichtet (Babelsberg), in dem ab 12.2.1912 gedreht wird.
Das kleine Atelier im Hinterhaus der Chausseestraße 123 wird im Laufe der nächsten Jahren von verschiedenen Filmfirmen genutzt, solange die beengten Räumlichkeiten es zulassen. Zunächst wird es von der Ende 1911 neugegründeten Continental-Filmkunst übernommen, die Mitte 1912, nur wenige Wochen nach der realen Katastrophe, den Untergang der Titanic (14/15.4.1912) vom Regisseur Mime Misu verfilmen läßt (IN NACHT UND EIS, Zensur: 6.7.1912).
Nachdem die Continental ihr Glashaus in Weißensee bezieht (Lixie-Atelier), beherbergt das Haus im Laufe der Jahre folgende Filmfirmen: 1918-20 Argus-Film GmbH, 1921 Nobody Film GmbH, 1922-26 Boheme-Atelier GmbH, 1925 dazu Promo-Film GmbH und Karlchen-Film GmbH, 1929-33 Commerz-Film, Heydemann & Schwärzel, 1933-34 Commerz-Film, P. Schwärzel. Schließlich ist u.a. die Betriebskrankenkasse der AEG in diesem Haus untergebracht. Das Gebäude übersteht den Weltkrieg unbeschädigt und ist noch heute in alter Gründerzeit-Pracht, direkt neben dem Brecht-Haus, zu sehen.