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Berliner Film-Ateliers. Ein kleines Lexikon
MESSTER-ATELIER
1900: Friedrichstraße 94
1901: Friedrichstraße 151
1905: Friedrichstraße 16Blücherstraße 32
Gegründet: 1912
Glas-Atelier, 336 qm: 14 x 24 m, 7,50 m Höhe
Der Techniker, Produzent und Regisseur Oskar Messter gilt als Begründer der deutschen Filmindustrie. So nimmt es nicht Wunder, daß er auch der Entwicklung der Atelier-Technik einige wichtige Anstöße gab.
Von der Technik herkommend, arbeitet Messter in dem 1859 von seinem Vater Eduard gegründeten »Mechanischen und optischen Institut«, wobei sein Interesse immer mehr der aus Frankreich herüberkommenden Film-Technik gilt. Gleich um die Ecke von der väterlichen Firma, Friedrichstraße 95, in der Georgenstraße 29, 2. Stock, direkt gegenüber dem Bahnhof Friedrichstraße, macht er 1895 hier wie im Sonnenlicht auf dem Dach seine ersten Aufnahmen.
»Im November 1896 hatte ich das (...) erste deutsche Kunstlichtatelier errichtet. Es lag Friedrichstraße Nr. 94a, im IV. Stock. Wir benutzten vier Bogenlampen von der Firma Körting & Matthiessen für je 50 Ampère. Sie hatten große drahtumflochtene Kugeln aus Milchglas und senkrecht aufeinanderstehende Kohlen mit automatischer Regulierung. (...) Nur allzu oft klemmte sie oder versagte aus einer anderen Ursache, und das Licht flackerte. Trotzdem war diese »Kunstlichtbeleuchtung« ein erheblicher Fortschritt gegenüber den Freilichtaufnahmen. Ich wurde unabhängig vom Wetter und konnte bei jeder Witterung arbeiten. Dabei war ich sicher, daß mir die Dekorationen nicht vom Winde fortgeweht oder vom Regen durchnäßt wurden, wie ich dies in meinem Dachatelier, das ich errichtet hatte, oder im Garten des Berliner Apollo-Theaters erlebt hatte. (...)
Mein zweites Kunstlichtatelier Friedrichstraße 156 (laut Adressbuch Nr. 151) war nicht viel besser als das erste, und erst beim Verlegen meiner Geschäftsräume nach der Friedrichstraße Nr. 16 (Handelsstätte Belle-Alliance) errichtete ich ein nach Süden gelegenes Glasatelier. Es ging bereits durch zwei Stockwerke und besaß Nebenräume für Dekorationen und Requisiten sowie Garderoben für Darsteller. (...) Bevor ich zur Errichtung dieses Ateliers meine Zustimmung gab, hatten wir halb Berlin nach einem vorhandenen geeigneten Glasatelier abgesucht. Aber so etwas gab es nicht, weil die Glasateliers nur für die Zwecke der Porträtphotographen, Maler und Bildhauer errichtet waren, und diese arbeiteten nur mit Nordlicht.
In diesem Glasatelier waren wir natürlich ebenso wie bei unseren früheren Aufnahmen auf dem Dach von der Sonne abhängig. (...) Bei der Unzuverlässigkeit des Tageslichtes kamen wir bald wieder auf unsere Bogenlampen zurück und arbeiteten häufig auch bei gemischtem Licht. (...)
Nach wenigen Jahren reichten meine Räume in der Friedrichstraße 16 wiederum nicht mehr aus. Ich mietete die gesamten Fabrikräume der 4. und 5. Etage in den Häusern Blücherstraße 31 und 32 und ließ sie für meine Zwecke umbauen. Das neue Glasatelier hatte hier 14 x 24 m Bodenfläche, bei einer Höhe von 7 1/2 m. Hier hatte ich eine Schwebebühne mit motorischem Antrieb einbauen lassen, die es mir gestattete, während der Aufnahmen die Kamera oder die Aufnahmeobjekte zu bewegen.« (Oskar Messter: Mein Weg mit dem Film. Berlin: Hesse 1936, S. 56-59).
Der Mietvertrag zwischen Arthur Heymann (Fabrik künstlicher Blumen) und der Fa. Messters Projection GmbH für die Räume in der Blücherstraße 32, vierte Etage und Bodenraum, wird am 31.3.1911 geschlossen. Die Nebenräume werden 1913 und 1914 um eine Wohnung im Seitenflügel und durch einen Durchbruch im Haus Nr. 31 erweitert.
Messter-Atelier, Blücherstraße 32. Dreharbeiten DAS TODESTELEFON, 1916 Im Oktober 1917 pachtet Messter von das Pagu das in Tempelhof errichtete Union-Glashaus (Ufa-Tempelhof), 1918 von Duskes das benachbarte Literaria-Glashaus, die er dann mit in die von ihm mitbegründete Universum Film AG (Ufa) einbringt.
Die Atelierräume in der Blücherstraße 31/32 gehen per Mietvertrag vom 30.3.1919 auf die Maxim-Film GmbH Ebner & Co. über. Diese Firma des ehemaligen Messter-Geschäftsführers Maxim Galitzenstein und seines Stiefbruders Paul Ebner produziert bis Anfang der 30er Jahre. Die Umstellung auf Ton und die Konzentration der deutschen Ateliers auf wenige große Betriebe übersteht das traditionsreiche Atelier in der Blücherstraße nicht.
Das Gebäude steht heute noch nahezu unverändert und beherbergt ein Möbelgeschäft.