Transatlantische Verleih- und Produktionsstrategien eines Hollywood-Studios in den 20er und 30er Jahren
Materialien zum 13. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 
16. - 18. November 2000.

Zeitgenössische Pressestimmen


Carl Laemmle:
Die Internationalisierung des Films und Deutschland.

Die Idee der Internationalisierung des Films hat in der letzten Zeit ganz besondere Fortschritte gemacht. Unter Internationalisierung ist das Bestreben verstanden, Bilder zu erzeugen, die womöglich dem Geschmack der meisten Kulturnationen entsprechen.
Filme sind und bleiben ein ausgezeichnetes Verständigungsmittel, und das kann ein Film nur sein, wenn nicht nur auf den Geschmack, sondern auch auf das berechtigte Empfinden der Völker Rücksicht genommen und alles vermieden wird, Gefühle zu verletzen.
Bei Universalbildern ist es Richtschnur, diesen Grundsatz zu befolgen, und gerade in Universal City ist ein Stab von Mitarbeitern aller Kulturnationen vereinigt, die darauf zu achten haben, daß nicht nur das Milieu getreu wiedergegeben, sondern auch das Gebot der Internationalität unverletzt bleibt.
Ein weiterer Schritt zur Internationalisierung des Films liegt in der Heranziehung europäischer Regisseure und Künstler, um das amerikanische Publikum mit europäischer Filmkunst vertraut zu machen.
Es befindet sich gegenwärtig eine ziemlich hervorragende Kolonie von Vertretern europäischer Filmkunst in Kalifornien versammelt und ihr hoher Stand wird von den Amerikanern anerkannt.
Aus Deutschland befinden sich gegenwärtig in Universal City Paul Leni, Conrad Veidt, der jetzt in dem großen Film DER MANN, DER LACHT beschäftigt ist, nebst anderen.
Lya de Putti hat in zwei Universalbildern mitgewirkt. Europäische Autoren sind wiederholt zu Wort gekommen und erst kürzlich hat Mr. Laemmle die Filmrechte "des Teufels", von dem erfolgreichen Autor "Der Patriot", Alfred Neumann, angekauft.
Es besteht kein Zweifel, daß deutsche Filmkunst einen hohen Standpunkt erreicht hat und in Amerika vollständig gewürdigt wird, nur sollte sie mehr auf die amerikanische Mentalität und amerikanische Methoden eingehen, wozu das Wirken europäischer und speziell deutscher Künstler in Amerika gewiß wesentlich beitragen wird. 

Film-Kurier, Nr. 1, 1.1.1928


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