Berlin Alexanderplatz 
(DE 1931, Phil Jutzi)

  

Alliierte für den Film

Arnold Pressburger, Gregor Rabinowitsch und die Cine-Allianz
16. Internationaler Filmhistorischer Kongress, 2003

16. Internationaler Filmhistorischer Kongress
Eine Veranstaltung von CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung
und Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
in Zusammenarbeit mit
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden, Institut für Neuere deutsche Literatur
und Medienkultur der Universität Hamburg,
Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums, Berlin


Sichtung: 29.5. - 1.6.2003 in Berlin 
(Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums)
Kongress und Retrospektive: 19. - 23.11.2003 in Hamburg
(Gästehaus der Universität, Metropolis-Kino)

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Der diesjährige Internationale Filmhistorische Kongress von CineGraph und Bundesarchiv-Filmarchiv erschließt ein so bedeutendes wie vernachlässigtes Stück der deutschen und europäischen Filmhistorie. Die außergewöhnlichen Karrieren der Produzenten Arnold Pressburger und Gregor Rabinowitsch und die Geschichte ihrer Firmen, besonders ihrer gemeinsamen Cine-Allianz Tonfilm GmbH, spiegeln auf besondere Weise die Entwicklung des deutschen Films und seine Bezüge zur internationalen Filmgeschichte.

Arnold Pressburger – geboren 1885 im damals zu Österreich-Ungarn gehörenden Preßburg – begann im Wien der 1910er Jahre seine Karriere als Filmkaufmann und Produzent. Als Generaldirektor der Sascha Filmindustrie AG machte er sich einen Namen bei der Produktion von Monumentalfilmen und ermöglichte die erfolgreiche Arbeit von Regisseuren wie Alexander Korda und Michael Kertesz, der später in Hollywood als Michael Curtiz Welterfolge inszenierte. In Berlin markierte Pressburger mit LAND OHNE FRAUEN den Übergang zum Tonfilm und gründete 1930 seine erste eigene Firma, die Allianz Tonfilm GmbH.

Gregor Rabinowitsch – geboren 1889 in der ukrainischen Hauptstadt Kiew – emigrierte in den 1920er Jahren nach Paris, wo er mit seinem Partner Noë Bloch 1926 die Ciné-Alliance gründete und russische Emigranten in einem produktiven Arbeitszusammenhang vereinte. Ein Jahr später folgten Rabinowitsch und Bloch einem Angebot der Ufa, in Berlin Großfilme für den europäischen Markt zu verwirklichen, bevor 1930 das Sanierungskonzept des Filmkonzerns die Visionen der russischen Produktionsgruppe zunichte machte.

Die geschäftliche Erfahrung des einen und die wertvollen Auslandskontakte des anderen führten Pressburger und Rabinowitsch schließlich zusammen. Am 6.1.1932 ließen sie als gleichberechtigte Gesellschafter ihre neue Firma ins berliner Handelsregister eintragen, die Union-Tonfilm, die sich zwei Monate später in Cine-Allianz Tonfilm GmbH umbenannte. Der Firmenname verwies nicht nur auf frühere Firmen beider Produzenten, sondern ist auch programmatisch zu verstehen: Pressburger und Rabinowitsch nutzten den Tonfilm und produzierten mit dem polnischen Startenor Jan Kiepura und dessen späteren Frau Marta Eggerth erfolgreiche Musikfilme, die in Mehrsprachen-Versionen international vermarktet wurden.

Die Politik der Nazis zerstörte den Traum der beiden Kosmopoliten von europäischen Produktions-Achsen in einem Filialensystem der Cine-Allianz. 1935 wurde die Cine-Allianz Tonfilm GmbH auf Druck der Reichsfilmkammer in eine Liquidationsgesellschaft überführt, zwei Jahre später erfolgte die endgültige Enteignung, während die Ufa den Markennamen weiter benutzte – u.a. für propagandistische Unterhaltungsfilme wie WUNSCHKONZERT (1940, Eduard von Borsody). Die jüdischen Produzenten emigrierten und setzten ihre Karrieren getrennt fort: in London (British Cine Alliance), Rom (Alleanza Cinematografica), Paris (CIPRA) und später den USA (Arnold Productions). Erst kurz vor ihrem Tod erhielten Pressburger und Rabinowitsch in der Bundesrepublik Deutschland durch einen Rückerstattungsvergleich späte Genugtuung. 1951, während der Dreharbeiten zu Peter Lorres Meisterwerk DER VERLORENE starb Arnold Pressburger in Hamburg, zwei Jahre später Gregor Rabinowitsch in München.

Der Kongress macht sich die Erforschung dieser verzweigten Firmen- und Produktionsgeschichte zur Aufgabe. Den Aufbau der unterschiedlichen Firmen/Allianzen zu rekonstruieren, bedeutet auch, einen Überblick über das heterogene Werk zu schaffen.

Themenschwerpunkte werden sowohl Pressburgers Sascha-Großproduktionen wie DIE SKLAVENKÖNIGIN (1924, Michael Kertesz) bilden, als auch Rabinowitschs frühe Ausstattungsfilme wie DER WEISSE TEUFEL (1929, Aleksandr Volkov). Pressburgers Produktionen für seine Allianz Tonfilm GmbH – von der populären Militärkomödie 3 TAGE MITTELARREST (1930, Carl Boese) bis zur Literaturverfilmung BERLIN – ALEXANDERPLATZ (1931, Phil Jutzi) – bieten ebenso Diskussionsstoff wie die international erfolgreichen Sängerfilme der Cine-Allianz Tonfilm GmbH. Hier werden die Kiepura/Eggerth-Filme wie DAS LIED EINER NACHT (1932, Anatole Litvak) oder MEIN HERZ RUFT NACH DIR (1934, Carmine Gallone) wichtig wie auch die Frage nach dem Erfolgsprinzip der Mehrsprachen-Versionen.

Weil die Pressburger- und Rabinowitsch-Produktionen in der Emigration in unmittelbarer zeitlicher Nähe und künstlerischem (wie auch politischem) Gegensatz zu den von der Ufa unter dem Firmentitel Cine-Allianz produzierten NS-Unterhaltungsfilmen stehen, ist hier eine weitere Differenzierung des Markenzeichens »Allianz« gefordert. Rabinowitschs QUAI DES BRUMES (FR 1938, Marcel Carné) und SANS LENDEMAIN (FR 1939, Max Ophüls), Pressburgers THE RETURN OF THE SCARLET PIMPERNEL (GB 1937, Hanns Schwarz) und HANGMEN ALSO DIE! (US 1942, Fritz Lang) sowie die »Ufa-Produktionen« WUNSCHKONZERT, EHE IN DOSEN (1939, Johannes Meyer) und SECHS TAGE HEIMATURLAUB (1941, Jürgen von Alten) belegen Vielfalt und Gegensätzliches. Es ist die Enteignung durch das NS-Regime, die den Komplex »Arnold Pressburger, Gregor Rabinowitsch und die Cine-Allianz« zu einer Art Lupe der internationalen Filmgeschichte um das Jahr 1940 werden lässt.



Informationen bei: 
CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V. 
Gänsemarkt 43
D-20354 Hamburg 
Telefon: 040-352194
Fax: 040-345864 
email: kongress@cinegraph.de
Ansprechpartnerin: Erika Wottrich


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Mit freundlicher Unterstützung von
FilmFörderung Hamburg GmbH
Filmmuseum Berlin – Deutsche Kinemathek
Filmmuseum München
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und Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg



31-Okt-2003