... aus dem Geiste der Operette. Materialien zum 10. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 20. - 23. November 1997.
Zusammenfassungen der Vorträge

Die große Attraktion - Sänger als Schauspieler. Der Opern-Sänger als Film-Star

Ursula Vossen (Düsseldorf)


Der junge Tonfilm hatte reichhaltigen Bedarf an schönen Stimmen. Anstatt wie noch in »Ich küsse Ihre Hand, Madame« Richard Tauber nur das Playback für Harry Liedtke singen zu lassen, wurden die Gesangsstars der deutschen und österreichischen Bühnen selbst vor die Kamera geholt. Gefragt waren dabei fast ausschließlich Tenöre und Sopranistinnen. Von der Vielzahl der singenden Schauspieler jener Jahre unterschieden sie sich dadurch, daß sie über eine klassische Gesangsausbildung verfügten und zum anderen ihren Filmauftritten eine Karriere auf der Opern- und Operettenbühne oder als Konzertsänger voranging.

Der Vortrag beschäftigt sich mit den Darbietungen dieser Sänger in dem für sie neuen Medium Film. Er untersucht das Rollenspektrum der bekannten und weniger bekannten Vertreter ihrer Kunst in Haupt- und Nebenrollen, beispielsweise wie die erfolgreiche Sängerin zum Inbegriff der Karrierefrau wurde, bei der das Konfliktpotential Beruf / Familie vorprogrammiert war. Weitere Schwerpunkte bilden das Phänomen des sogenannten »Sängerfilms« (der manchmal ein »Komponistenfilm« war) und der musikalische Kontext, dem die Sänger sowohl nominell durch die Rollenbezeichnung als auch tatsächlich durch die Zusammenstellung ihrer Lieder zugeordnet wurden.

An ausgewählten Beispielen (Gitta Alpar und Marta Eggerth bei bei den Damen sowie Joseph Schmidt und Willi Domgraef-Faßbaender bei den Herren) wird behandelt, wie die ursprünglichen Bühnendarsteller auf die anderen Anforderungen an die Darstellungsweise im Film reagierten, beispielsweise ob und wie sie ihre Mimik und Gestik sowie ihre Gesangstechnik anpaßten. Am Beispiel des beliebten Tausendsassas Leo Slezak soll vorgeführt werden, wie es einerseits zu einer Doppelexistenz als Sänger-Schauspieler kam, andererseits aber auch mit dem Sängerimage gespielt wurde.

Auf einen weiteren Punkt wird der Vortrag noch kurz eingehen: das in vielen Filmen durch Nebenrollen transportierte Negativklischee vom Sänger als unsympathischer, prätentiöser und moralisch zweifelhafter Figur. Auffallenderweise wurden diese von Schauspielern, nicht von Sängern darstellt.


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