Berliner Film-Ateliers. Ein kleines Lexikon

B.B. ATELIER

Steglitz, Berlinickestraße 11
Gegründet: ca. 1909
Glasatelier ca. 100 qm, 5,50 m Höhe


Der erfolgreiche Theaterdirektor, Bühnenautor und Verleger Heinrich Bolten, genannt Bolten-Baeckers (1871-1938), beginnt 1906 mit seiner Firma B.B.-Film in einem Freilicht-Atelier im Stadtteil Südende, Steglitzer Str. 8, Spielfilme zu drehen. Drei Jahre später richtet er im 3. Stock des Hauses Berlinickestr. 11 zusätzlich ein Glasatelier ein, durch das er sich von Wind und Wetter unabhängig macht. Bolten-Baeckers hat vor allem Erfolg mit Lustspielen, deren Stars Leo Peukert, Herbert Paulmüller und Melitta Petri sind. 1914/15 dreht er u.a. für die - von ihm vertretene - Deutsche Gaumont einige »Otto«-Filme mit dem Komiker Otto Reutter, 1915 MAX UND SEINE ZWEI FRAUEN mit Max Pallenberg für seine eigene B.B.-Film.

»Steglitz, seine Bauten und die großen Anlagen waren auch viele Male der Hintergrund zu Lustspielen und Familiendramen, und in jener Zeit hatte die Steglitzer Jugend so manches Mal Gelegenheit, stundenlang den Aufnahmen urkomischer Szenen mit Leo Peukert und seinem Stab beizuwohnen, etwa, wenn er in voller Rüstung die Berlinickestraße zum Carmerplatz raste, verfolgt von einer großen Menschenmenge, oder eine Dame tränenden Auges die Treppe des Postamtes herunterwankte, wo sie offenbar die entsetzlichsten Nachrichten in Empfang genommen hatte. Damals wurde noch in aller Öffentlichkeit gespielt und das Publikum war die erwünschte kostenlose Komparserie.« (Walter Schneider-Römheld: Steglitz - Wiege des deutschen Films. In: Steglitz und der deutsche Film. Berlin/West: Bezirksamt Steglitz 1951).

1916 zieht Bolten-Baeckers in die Lindenstraße 32-34 (
Vitascope-Atelier), das Haus Berlinickestraße wird 1917 von der optisch-feinmechanischen Firma Werner D. Kuehn gekauft. Das Film-Atelier bleibt einige Jahre unbenutzt, bis 1919 Major a.D. Ernst Krieger das Studio für die Kulturabteilung der Ufa übernimmt.

Das Haus wird umgebaut: Der 3. Stock wird für Büro- und Nebenräume genutzt, inklusive weiterer Nebenräume im Nachbarhaus, die durch einen Mauerdurchbruch zugänglich sind. Als Atelier dient nun ein neu errichteter 4. Stock mit Glasdach. Es entstehen einige der berühmten Kulturfilme der Ufa, die für Schulen und das Kino-Beiprogramm in einer Mischung aus Trick- und Realfilm populärwissenschaftliche Themen behandeln.

Anfang der 30er Jahre verwendet die Firma Sirius Farbenfilm GmbH das Atelier Berlinickestraße noch einmal für filmische Arbeiten. Ab ca. 1933 wird das Gebäude, das den 2. Weltkrieg weitgehend unbeschädigt übersteht, anderweitig genutzt.

Nächster Artikel - Zurück zum Inhalt